Netzwerker aus Überzeugung - Internationalisierung in den Berufsschulen

Seit 2013 berät Stephan Plichta als Referent des Bayerischen Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) staatliche Berufsschulen zum EU-Bildungsprogramm Erasmus+. Neben einer erfolgreichen regionalen Beratungskultur und dem Multiplikatoren-Netzwerk in Bayern pflegt er auch bundes- und europaweite Kontakte, um das Thema Internationalisierung in den Berufsschulen nachhaltig voranzubringen.  

Von Manfred Kasper, Juli 2020

„Entscheidend ist für mich, dass die Angebote der Berufsbildung praxis- und handlungsorientiert sind und sich kontinuierlich weiterentwickeln“, sagt Plichta, der in seiner Arbeit vor allem auf die Zusammenarbeit mit Partnern setzt: „Wenn wir die Dinge gemeinsam angehen, kommen wir wirklich voran. Was in einem Team erarbeitet wird, ist meiner Meinung nach immer besser als das, was ich für mich alleine schaffe.“

Für Stephan Plichta standen und stehen dabei immer die Menschen im Fokus. Ihm geht es um Begegnung, Austausch und Voneinander-Lernen: „Wir leben in einer europäischen Wertegemeinschaft – und ich bin der Überzeugung, dass dies auch von den Schulen so gesehen wird. Das verpflichtet uns dazu, das, was wir in der Berufsbildung in Deutschland tun, auch anderen Ländern vorzustellen und gleichzeitig von deren Erfahrungen zu lernen. Ich kann mich in meinem Landkreis austauschen, in meinem Regierungsbezirk oder auch landes- und bundesweit – doch dies auf internationaler Ebene zu tun, ist für mich mindestens genauso gewinnbringend – Erasmus+ eröffnet diese Gelegenheit.“

Von Niederbayern über die arabische Welt nach München

Begonnen hat es 2004, als Plichta als Lehrer an einer Berufsschule im niederbayerischen Pfarrkirchen ein China-Projekt mitinitiierte. Das war seinerzeit Neuland für ihn, bildete zugleich aber die Grundlage für seine Perspektive in Sachen Internationalität. Über die damalige Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ, heute GIZ) ging er zunächst nach Kuwait und ab 2009 vier Jahre lang nach Saudi Arabien, um dort die Ausbildung der Berufsschullehrer aufzubauen. Während seines Weihnachtsurlaubs Ende 2012 stellte er sich beim ISB in München vor und bekam die Stelle als Referent für Erasmus+ Berufsbildung.

Der heute 51-Jährige führte gemeinsam mit seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern den erfolgreichen Weg der Programmberatung fort. Er erinnert sich: „Die Messlatte lag hoch. Wir sind so an die Herausforderung herangegangen wie eine Schule, die neu in das Programm einsteigen will.“ Dies mündete unter anderem in einer dreiteiligen Fortbildungsreihe für Lehrerinnen und Lehrer an den Berufsschulen. Vom Aufruf über die Antragstellung bis zur Projektumsetzung erhalten diese ein umfassendes Gesamtpaket, das sehr gut angenommen wird. „Es gibt keine Schule, die dieses System genutzt hat, deren Antrag nicht genehmigt wurde. Wir haben es geschafft, die Güte der Anträge und Projekte so zu begleiten, dass es kaum Probleme gab und gibt“, bilanziert Plichta.

Umfassende Angebote für die Schulen

Neben den Fortbildungen tragen Beratungsreihen, Vorträge sowie vielfältige Informationsmaterialien dazu bei, die Schulen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Mit Erfolg, denn immer mehr bayerische Berufsschulen haben die internationale Zusammenarbeit als Plus für ihre Arbeit erkannt. Das freut Stephan Plichta. Er ist überzeugt, dass der Erfolg eines Bildungssystems vom Engagement und der Motivation der Lehrenden abhängt. Mit der Möglichkeit, sich international weiterzuqualifizieren, könnten deren Motivation und Berufszufriedenheit erheblich gesteigert werden. Erasmus+ wirkt aber auch auf die Gruppe der Lernenden. „Internationale Qualifizierungsangeboten für diese Zielgruppe können die berufliche Bildung insgesamt noch attraktiver machen und dazu beitragen, dass wir auf Augenhöhe zur akademischen Ausbildung agieren“, unterstreicht Plichta. Dies sorgt indirekt auch dafür, dass die jungen Menschen den Wert einer Berufsausbildung und ihrer Leistungen positiver einschätzen. 

Vor diesem Hintergrund hat das ISB eine eigene Internationalisierungsstrategie für die Erasmus+-Berufsbildung erarbeitet. Diese definiert auch die Bezirksregierungen und das Institut selbst als Antragsteller für Erasmus+-Projekte. Ein Ansatz, mit dem Plichta dem Ziel, allen Lehrerinnen und Lehrern an bayerischen Berufsschulen die Teilnahme an internationalen Qualifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen, ein gutes Stück näher gekommen ist. Einen bedeutenden Beitrag dazu leisten die Erasmus+-Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die alle selbst über langjährige Erfahrung mit Erasmus+ verfügen und auf regionaler Ebene den engen Draht zu den bayerischen Schulen pflegen. Plichta und das ISB bündeln diese Arbeit auf Landesebene.

Auch überregional gut vernetzt

Nicht nur bayernweit, auch über die Ländergrenzen hinaus werden Bündnisse für eine attraktive Berufsbildung auf den Weg gebracht. So wurden in den vergangenen Jahren erfolgreiche Kooperationen mit den EU-Geschäftsstellen in Nordrhein-Westfalen und dem Magistrat Bremerhaven gestartet, um gemeinsam internationale Projekte zur Lehrerqualifizierung zu realisieren. Den daraus resultierenden Mehrwert weiß Plichta ebenso zu schätzen wie den aus der Arbeit mit bundesweiten oder europäischen Netzwerken, beispielsweise dem der Erasmus+-Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Deutschland. Diesen bietet die Nationale Agentur Bildung für Europa seit März 2020 eine Akkreditierung als „Erasmus+ Berater/-in Berufsbildung"* und damit den Erhalt eines Qualitätslabels an. Mit dem Label können sie ihre Kompetenz in Sachen Berufsbildung und Erasmus+ dokumentieren.

Stephan Plichta ist bereits als „Erasmus+ Berater Berufsbildung" akkreditiert. Für ihn ist wichtig, dass damit die Qualität und Unabhängigkeit der Beratungsleistung sichergestellt werden. Darüber hinaus sei das Label eine Chance, um das Selbstverständnis und die Identität des Netzwerkes und der einzelnen Erasmus+-Multiplikatoren zu stärken. Die Zukunft sieht er trotz der momentan eher schwierigen Corona-Lage optimistisch, wobei er abschließend bekräftigt: „Dank Erasmus+ bin ich in der glücklichen Situation, mit hoch motivierten Lehrkräften arbeiten zu können, die eine Mischung aus Offenheit, Neugierde und Engagement mitbringen. Gerade jetzt zeigen mir diese überaus deutlich, wie sehr Erasmus+ zurzeit fehlt!“ 

*Es handelt sich hierbei um die Akkreditierung als „Erasmus+ Berater/-in Berufsbildung" (siehe unten stehende Information) und nicht um die Erasmus-Akkreditierung zur Teilnahme am Programm Erasmus+ ab 2021. 

Informationen zum Label „Erasmus+ Berater/in Berufsbildung"

Seit März 2020 bietet die NA beim BIBB den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Mobilität in der Berufsbildung die Möglichkeit, sich als Erasmus+ Berater/-in Berufsbildung akkreditieren zu lassen.

Das Label ist ein Qualitätssiegel für ihr Beratungsangebot. Die akkreditierten Erasmus+ Berater/-innen Berufsbildung sind Teil eines attraktiven Beratungsnetzwerks, das kostenlos und frei von wirtschaftlichen Interessen zu Auslandsaufenthalten und Internationalisierung in der Berufsbildung berät. Hierbei spielt die Beratung zum Förderprogramm Erasmus+ eine entscheidende Rolle. 

Wer sind die Erasmus+ Berater/-innen Berufsbildung? 

Die Erasmus+ Beraterinnen und Berater verfügen über ein offizielles Mandat zur Beratung zu Erasmus+ Auslandsaufenthalten und Internationalisierung in der Berufsbildung und nehmen regelmäßig an Informations- und Schulungsangeboten der NA beim BIBB teil.
Sie sind zum Thema Auslandsaufenthalte und Internationalisierung in der Berufsbildung und insbesondere zum EU-Förderprogramm Erasmus+ auf dem neuesten Stand. Das macht sie zu Experten für die Organisation und Durchführung von beruflichen Auslandsaufenthalten. 

Wer kann sich beraten lassen und wie finden Sie die E+-Berater/-innen Berufsbildung?

Einrichtungen in der Berufsbildung, wie z.B. Berufsschulen, Unternehmen oder Kammern, aber auch Auszubildende und Berufsbildungspersonal können sich durch Erasmus+ Berater/-innen Berufsbildung zu Fördermöglichkeiten und der Organisation und Durchführung von Auslandsaufenthalten in der Berufsbildung beraten lassen.

Eine Übersicht der Erasmus+ Berater/innen BB finden Sie auf der Mobilitätslandkarte.

Rund 50 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Mobilität in der Berufsbildung haben dieses Angebot bereits genutzt und sich akkreditieren lassen. Für sie hieß es in der Akkreditierungszusage: 

Herzlichen Glückwunsch: Sie sind hiermit akkreditierte/-r Erasmus+ Berater/-in Berufsbildung! Wir heißen Sie herzlich Willkommen in der Erasmus+ Community!

Neben einer Akkreditierungsurkunde erhalten die Erasmus+ Berater/-innen Berufsbildung ein Label zur Nutzung für die Homepage und Signatur, als Türschild und weiteres. Mit dem Label bekommen alle eine gemeinsame Sichtbarkeit für die Themenfelder "Auslandsaufenthalte mit Erasmus+" und "Internationalisierung in der Berufsbildung".

Die NA beim BIBB bedankt sich bei den Beraterinnen und Beratern und kann nur empfehlen, die Kompetenz und das Potential dieses attraktiven Beratungsnetzwerks zu nutzen.

Gemeinsam mit den Erasmus+ Berater/-innen Berufsbildung und den anderen Multiplikatoren für Mobilität in der Berufsbildung setzen wir uns für mehr Auslandsaufenthalte und Internationalisierung in der Berufsbildung ein!