Digi4Vet - Der Einsatz immersiver Medien in der beruflichen Bildung - Good Practice

Wie können moderne Medien in den praktischen Teil der Berufsausbildung eingebunden werden? Das Erasmus+-Projekt „Qualification needs for VET trainers and teachers for coping with industry4.0, craftsmanship 4.0 and trade 4.0“ (DIGI4VET) gibt anhand von Praxisbeispielen aus der Chemie, dem Malerhandwerk und der Floristik einen Einblick und entwickelte ein Online-Schulungsprogramm für Ausbildungs- und Berufsschullehrkräfte. 

Das transnationale Konsortium hat während der dreijährigen Projektdauer ein maßgeschneidertes Online-Schulungsprogramm entwickelt, welches betriebliche Ausbildungs- und Berufsschullehrkräfte in die Lage versetzt, immersive Medien, wie AR und VR sowie 3D-Druck lernhaltig in die Ausbildung einzubinden. Dies unterstützt bestehende und anstehende Modernisierungen in den DIGI4VET-Fokusberufsbildern: Chemikant/-in, Florist/-in und Maler- und Lackierer/-in. Das Projekt lieferte dabei Praxisbeispiele für die Umsetzung der neuen Standardberufsbildposition „Digitalisierte Arbeitswelt“ im Handwerk und im Handel sowie für die Wahlqualifikation „Digitalisierung und vernetzte Produktion“ in der Chemie.

Warum DIGI4VET?

DIGI4VET entwickelte, testete, evaluierte sowie transferierte praxisnahe und lehrreiche Lehr- und Lernszenarien. Dies inkludierte einfache Anwendungen ohne Programmierung, wie das Augmented Reality gestützte Echtzeittraining, bei dem der Experte mit audiovisuellen Anweisungen Auszubildende anleitet (sog. „Remote Training“ mit spezieller Microsoft-App). Zur Anwendung kamen in der Floristik interaktive AR-Visualisierungen für die Raumdekoration und der Pflanzenpflege, damit Lernende u. a. selbstständig Änderungen der Temperatur, Licht und Feuchtigkeit vornehmen. Damit war die Änderung entsprechender Parameter direkt erfahrbar und es werden vorausschauend mögliche Fehler verhindert.
Im Malerhandwerk stand der Einsatz von Virtual Reality zur Übung der Vorbereitung und Beschichtung einer Wand im Mittelpunkt.

Didaktischer Mehrwert als Richtschnur

DIGI4VET fokussierte sich auf die Einbindung digitaler, immersiver Medien in die berufliche Bildung. Dabei standen die folgenden Fragen (Auswahl) im Mittelpunkt:

  • Welche Technologie – AR, VR, 3D-Druck – passt in meinem Unterricht/Kurs?
  • Wie setzte ich immersive Medien richtig in der Ausbilder-Auszubildenden Kommunikation und Kollaboration ein?
  • Wie erstelle ich Lerninhalte – mit und ohne Softwareprogrammierung?
  • Welche Lehr- und Lernformen sind sinnvoll?
  • Wie erreiche ich einen lehrreichen Medieneinsatz?
  • Welche rechtlichen Aspekte muss ich bei der Einbindung dieser Medien beachten?

Beim Einsatz zeigte sich, dass diese Technologien sowohl als Lehr- und Lernmittel sowie der Vermittlung technischen Wissens dienen. Immersive Medien ermöglichen neue Lehr- und Lernformen und unterstützen dabei den Wandel hin zum Lerner-zentrierten Lernen.  

Maßgeschneiderte Lehr- und Lerninhalte

Die entwickelten und evaluierten Lernmodule sind abrufbar unter www.digi4vet.com. Diese fokussieren sich auf drei Branchen:

Chemie

AR-Einsatz für ein digitalbasiertes Arbeiten sowie zur Anreicherung der innerbetrieblichen Kommunikation, der Einsatz bei Wartungsaufgaben unter Einbindung von „schwacher“ KI sowie das Lehren und Lernen mit digitalen Medien

Fernwartung mit Augmented Reality (Chemikant), 3:57 Minuten

Wandbeschichtung mit VR, 1:59 Minuten

Malerhandwerk

Hard- und Software für den VR-Einsatz in der praktischen Ausbildung, auf Messen sowie Lehren und Lernen mit digitalen Medien

Floristik

Hard- und Softwareeinsatz bei der Anwendung von AR und 3D-Druck, Anwendung dieser Technologien im Marketing sowie Lehren und Lernen mit digitalen Medien

Floristik, 1:07 Minuten

Die insgesamt 11 Lernmodule sind angereichert mit vielen Abbildungen und kurzen Anwendervideos sowie Quizzen zur Erfolgskontrolle. Nach erfolgreicher Bearbeitung der Module wird ein Zertifikat generiert.

Der Zeitaufwand für die komplette Absolvierung der jeweiligen branchenbasierten Qualifizierung schwankt zwischen ca. 4-6 Stunden.

Flankiert werden die Lernmodule durch eine Handreichung für Ausbilder und Ausbilderinnen sowie Lehrenden an berufsbildenden Schulen und darüber hinaus durch einen Best Practice Guide. Bei Letzterem werden die Erfahrungen im Umgang mit den Augmented und Virtual Reality sowie 3D-Druck anhand von Praxisbeispielen anschaulich beschrieben.

DIGI4VET als transnationaler Impulsgeber

Die gemachten Erfahrungen und Ergebnisse unterstützen den Austausch von Good Practices bei der Anwendung von AR, VR und 3D-Druck in den DIGI4VET-Fokusländern. In den Niederlanden sowie in Belgien initiierten und begleiteten die entwickelten Lehr- und Lerninhalte die Modernisierung beruflicher Tätigkeiten in der Floristik und im Malerhandwerk. Ähnliche Impulse sind für die beiden Bereiche und für die Chemie in Deutschland sowie für weitere EU-Ländern denkbar.

Stakeholder sind vom Potential überzeugt

„Der Einsatz von Virtual Reality in der Malerausbildung macht Sinn, gerade da, wo man es nicht erwartet. In DIGI4VET wurde ein flexibles VR- Trainingskonzept entwickelt und lernhaltig in unsere praktische Ausbildung eingebunden. Die Auszubildenden sind dadurch besser bei der Sache. Sie sind motivierter und können sich das in VR Erlernte besser merken.“

Miete Matheussen, Ausbilderin Malerhandwerk, Malerschule in Mol/Belgien

„Für die praktische Ausbildung von Chemikant:innen sind einfach zu integrierende Lösung nötig. Die Auszubildenden müssen zum Erwerb berufspraktischer Fähigkeiten beim Fahren einer Chemieanlage unterstützt werden. Der Einsatz von Datenbrillen in unserem Chemietechnikum (EX-Schutz frei) ermöglicht dies technisch und pädagogisch, u. a. durch eine verbesserte Kommunikation und Kollaboration unter den Auszubildenden."

Jochen Seibold, Ausbilder Chemie

 

Weitere Informationen

Bilder im Text: © SBG Dresden