Interkulturelle Sensibilisierung und Sprachvermittlung - Good Practice: ein international ausgerichtetes Sprachenzentrum in Berlin macht erste Erfahrungen mit Erasmus+

GLS Berlin ist eine privates Sprachenzentrum, das für Teilnehmende aus der ganzen Welt Sprachunterricht im Bereich der Erwachsenenbildung anbietet. Jetzt hat die Sprachenschule erste Erfahrungen mit Erasmus+ gemacht: Sie bietet nicht nur Kurse im Rahmen des europäischen Bildungsprogramms an. Ihr Bildungspersonal nutzt die Möglichkeit von Erasmus+-Lernaufenthalten auch selbst. „Wir glauben an lebenslanges Lernen und an die Erweiterung von professioneller Expertise im europäischen Ausland“, so Projektkoordinatorin Stefanie Hohmann.

Die Aktivitäten passen zum Weiterbildungsbedarf

Die GLS Berlin fördert interkulturelle Begegnungen vielfältigster Art und bietet dafür einen passenden Rahmen „Wir sind nicht nur eine Sprachschule, sondern auch ein Trainingszentrum für die Lehre von Deutsch als Fremdsprache und anderen Fremdsprachen.“, erklärt Stefanie Hohmann. „Darum trainieren wir Lehrende aus aller Welt und bieten auch Erasmus+-Kurse an – und darum gehen wir selbst ins Ausland!“

Die Weiterbildungen für das Bildungspersonal fanden als strukturierte Fortbildungskurse, die von Malaca Instituto, Tours Langues, Alpha College, EC Malta und InterCultural Island angeboten wurden, statt. Diese Institute bieten Sprach- und Methodikkurse in drei der für das Sprachenzentrum wichtigsten Fremdsprachen an: Englisch, Französisch und Spanisch. Die Teilnehmenden erhielten so die Möglichkeit, sich sprachlich und fachlich fortzubilden und sich darüber hinaus auch für interkulturelles Lernen zu sensibilisieren. Verbessert haben sich die Fremdsprachenkenntnisse und auch die Methodenkompetenz. Hier ist die Weiterentwicklung der angemessenen Sprechzeit der Lehrenden oder auch neue Formen des kooperativen Lernens zu erwähnen, die während der Lernaufenthalte kennengelernt werden konnten. Im Zeitalter der Digitalisierung war auch der Einsatz neuer Medien im Unterricht wichtiger Bestandteil der Fortbildungen.

Die Teilnehmenden betonten, wie bereichernd allein der Perspektivwechsel vom Lehrenden zum Lernenden war, denn er zeigte auch auf, in welchen Bereichen viel Sensibilität von Nöten ist: Die Teilnehmenden erlebten selbst, wie wichtig es ist, sensibel auf Fragen einzugehen und Fragen ausnahmslos ernst zu nehmen. Auch wurde der Blick für die Sorgen und Nöte der einzelnen Kursteilnehmenden geschärft, indem zum Beispiel gezeigtes „Desinteresse“ eines Schülers nicht unbedingt mangelndes Interesse am Unterrichtsinhalt bedeuten muss. Sein Verhalten kann auch darin begründet sein, dass er mit der Situation im fremden Land überfordert ist und sich kulturell „überrumpelt“ fühlt. Die Teilnehmenden an den Auslandsfortbildungen machten diese Erfahrung teilweise selbst. Diese Erfahrung hilft ihnen nun sehr dabei, sich sensibler in ihre Schüler und Schülerinnen daheim einzufühlen und etwaige Überforderung von Desinteresse zu unterscheiden; ihre interkulturelle Sensibilisierung hat eine Stärkung erfahren.

Diese Sensibilisierung betrifft aber nicht nur die interkulturelle Ebene, sondern auch die Problematik zwischen Schülerinnen und Schülern aus sehr unterschiedlichen Altersgruppen. Als ein Mitarbeiter über 50 sich plötzlich fast ausschließlich mit Schülerinnen und Schülern um die 20 Jahre in der Klasse wiederfand, wurde das zunächst herausfordernd wahrgenommen. Bei GLS wurde ein kreativer Ideenprozess angeregt, wie man dieser Herausforderung, die auch im Sprachenzentrum immer mal wieder vorkommt, begegnen kann.

Auch für die eigene Unterrichtsgestaltung konnten neue Erkenntnisse mitgenommen werden: So stellte eine Teilnehmende fest, dass Phonetik eine viel wichtigere Rolle spielt, als sie vor dem Kurs gedacht hatte. Nun gibt sie der Phonetik in ihrem eigenen Unterricht viel mehr Raum. Mit neuen Ansätzen von Sprachvermittlung, viel Motivation und neuen Freundschaften kehrten die Teilnehmenden zurück nach Berlin. Die Erasmus+-Aufenthalte ließen bei den Lehrkräften zudem ein „anderes Europagefühl“ entstehen: Europa ist ihnen wieder ein Stück nähergekommen. Auch GLS als Einrichtung profitiert von den neu geknüpften Kontakten über Erasmus+ und ist nun noch internationaler und europäischer ausgerichtet. 

Positive Auswirkungen auf Teilnehmende, das Kollegium, Lernende und den Unterricht

Insgesamt ist festzustellen, dass sich der Unterricht in dem Sprachenzentrum weiterentwickelt hat. Die neuen Methoden wurden in Workshops mit den Kolleginnen und Kollegen, die noch an Lernaufenthalten teilnehmen konnten, geteilt. Ein Seminar zur Thematik „Antidiskriminierung“ wurde durchgeführt, was großen Anklang fand und inzwischen fest in das Fortbildungsportfolio von GLS implementiert wurde. „Auch Lehrbücher bilden immer gesellschaftliche Strukturen ab und werden somit dem Anspruch der Diskriminierungsfreiheit und Diversität nicht gerecht. Mithilfe des Fortbildungswissens sollte Lehrmaterial im Hinblick darauf gezielter ausgewählt und erstellt werden können. So werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an unseren Sprachkursen durch die thematischen Inhalte in ihrer Diversität angesprochen statt ausgeschlossen.", erläutert eine Lehrkraft, die an einer Auslandsfortbildung in Island teilgenommen hatte.

Aus den Erfahrungen und Ergebnissen der Erasmus+-Lernaufenthalte sind verschiedene neue Kursangebote entstanden. Zudem bereichern neue Partnerschaften mit Sprachschulen in Europa nun das Portfolio des Sprachenzentrums und andere Sprachschulen in Deutschland konnten durch Berichte von GLS für das Programm gewonnen werden. Stefanie Hohmann: „Unsere Begeisterung trägt dazu bei, die Einrichtungen zu ermuntern, sich selbst am Programm Erasmus+ zu beteiligen. Wir hoffen, dass wir mit der Implementierung unserer Ergebnisse neue Standards im Sprachenlernen in der Erwachsenenbildung setzen konnten".