HelpEx: wie ehemalige Patientinnen und Patienten im Gesundheitsbereich Fachkräfte unterstützen können - Good Practice

Immer mehr Menschen leiden unter psychischen Gesundheitsproblemen, auch der Missbrauch von Suchtmitteln hat in Europa zugenommen. Gleichzeitig werden Inklusion, eine Stärkung der Rechte von Patientinnen und Patienten sowie der Zivilgesellschaft politisch gefordert. Dies hat auch Auswirkungen auf die Aus- und Weiterbildung im Gesundheitsbereich der europäischen Länder, die den gestiegenen Anforderungen gerecht werden müssen. Um die wachsende Nachfrage nach Unterstützung im Bereich der psychischen Gesundheit zu decken, greift die Partnerschaft „HelpEx“ auf das Konzept der Peer-Beratung zurück, bei der ehemalige Patientinnen und Patienten die Fachkräfte im Gesundheitsbereich unterstützen. Dafür hat die Partnerschaft einen Ausbildungsplan und Schulungsmaterialien entwickelt.

 

Bei diesem Konzept werden die Erfahrungen von ehemaligen Patientinnen und Patienten – im Projekt Peers genannt – für den Heilungsprozess von aktuell Betroffenen genutzt, eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Das Fachpersonal in den Rehabilitations- und Genesungsdiensten erfährt Unterstützung, und auch die ehemaligen Patientinnen und Patienten profitieren. Die „Peers“ bringen jeweils ihre eigene Geschichte mit, sie haben ihre psychischen Probleme überwunden und waren selbst Patienten bzw. Patientinnen in einer der an der Partnerschaft beteiligten Einrichtung.

Die Partnerschaft mit acht teilnehmenden Einrichtungen aus sechs europäischen Ländern unter der Koordination des Deutschen Caritasverbandes Landesverband Bayern e.V. hat sich der Integration von Peers über drei Jahre gewidmet und das Projekt „HelpEx: Europäische Qualifizierung von Ex-Patienten im helfenden Prozess der Rehabilitation und Genesung“ umgesetzt. Die Partner aus Deutschland, Frankreich, Italien, Malta, Polen und Tschechien sind Dienstleistungs- und Bildungsanbieter im Bereich der psychischen Gesundheit. Sie bieten ambulant und/oder stationär Rehabilitations- und Genesungsdienste für Menschen mit psychischen Schwierigkeiten und/oder gravierenden Missbrauchsproblemen sowie Bildungsangebote in diesen Bereichen an.

Im Projektzeitraum wurden Trainingsmaterialien für die Peer-Beratung – sowohl für das Fachpersonal als auch für die Peers selbst – für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und/oder erheblichen Abhängigkeitsproblemen entwickelt, erprobt und evaluiert.

Trainingscurriculum für Fachleute und Peers

Schwerpunkt des Projektes war die Erstellung eines Curriculums zur Qualifizierung sowohl der Fachleute als auch der Peers zur bestmöglichen und erfolgreichen (Zusammen-)Arbeit mit den Peers. Dieses bietet ein sich gegenseitig ergänzendes Set von insgesamt sechs Trainingsmodulen. Für jedes Trainingsmodul gibt es jeweils eine Version für die Gruppe der Mitarbeitenden in sozialen Organisationen, die Hilfe für Menschen mit psychischen Problemen und/oder Suchtproblemen anbieten und jeweils eine Version für die Peers. Dabei enthält es neben den spezifischen Versionen für die Fachleute und für die Peers auch gemeinsame Einheiten für beide Parteien.

Das Trainingsmodul wird als Open Educational Ressource (OER) veröffentlicht. Ein Modul umfasst sechs bis zwölf Stunden, die von eigenen Fachleuten oder externen Trainern und Trainerinnen angeleitet werden können. Das Curriculum besteht aus sechs Modulen:

  1. On-boarding
  2. Den Rahmen kennenlernen
  3. Wertschätzende Kommunikation
  4. Konfliktlösung
  5. Herausforderungen und Krisen managen
  6. Psychische Erkrankungen und Grundlagen des Helfens

Zwischen den einzelnen Modulen finden sich Übersichten zur Reflexion, Verweise auf die HelpEx-Webseite mit ergänzendem Online-Material, zu Peeransätzen in unterschiedlichen Settings, zu Grundlagen zum gesetzlichen Rahmen und Bedingungen bzw. Empfehlungen aus dem Projekt sowie zu Modellen zur Verbindung der Peer-Qualifikation mit der beruflichen und akademischen Bildung. Das Curriculum ist in den sechs europäischen Sprachen der Partnerländer verfügbar.

Qualifizierung der Fachleute und der Peers

Empfehlungen zur Integration von Peers in das Gesundheitssystem und zur Ergänzung der Arbeit des Fachpersonals

Darüber hinaus wurde - aufbauend auf einer länderspezifischen Analyse – eine Empfehlung zur Integration von Peers in das Gesundheitssystem erstellt, um die Zusammenarbeit von Fachleuten und Peers zu einem Standard in den Gesundheits- und Sozialeinrichtungen zu machen. Diese zeigt auf, wie und wo die Peers bedarfsgerecht eingesetzt werden und sich selbst (weiter-)entwickeln können. Darüber hinaus wird dargestellt, wie ihre erfahrungsbasierte Qualifikation anerkannt werden kann. Auch die Empfehlungen sind in den sechs europäischen Sprachen der Partnerländer verfügbar.

Ergänzende Materialien

Die Projektinhalte sind als E-Learning auf einer eigens erstellten Projektwebseite zugänglich, auf welcher ebenso Arbeitsblätter und Übungen zur Verfügung gestellt werden.

Ein Video gibt Einblicke in ein HelpEx-Training in Malta.

Ein Bericht über eine Peer-Beratung verdeutlicht die Möglichkeiten eines (präventiven) Peer-Einsatzes, der an der berufsbildenden Partnerschule Robert-Kümmert-Akademie erprobt wurde.

Nutzung und Ausbau der Peer-Unterstützung

Das im Rahmen des Projektes entwickelte Curriculum ermöglicht es dem Fachpersonal, den Rehabilitations- und Genesungsprozess von psychisch kranken oder drogenabhängigen Patienten und Patientinnen zu unterstützen. Es kann von jeder im Gesundheitsbereich tätigen Organisation auf ihre eigenen Bedürfnisse angepasst und die erstellten Module somit bedarfsgerecht eingesetzt und genutzt werden. Mithilfe der im Projekt entwickelten Materialien kann der Auf- und Ausbau der Integration von Peers vorgenommen werden. Dadurch kann die transnationale Qualifizierung von Ex-Patienten und -Patientinnen im helfenden Prozess der Rehabilitation und Genesung kontinuierlich umgesetzt und integriert werden.

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