Imagebildung mit Erasmus+ - Was europäische Projekte in der Volkshochschule Chemnitz bewirken

Text: Christina Budde
Fotos: Manuela Dörrer | VHS Chemnitz

August 2025

Als eine der ersten Gruppen von Lernenden innerhalb eines Austausches im Programm Erasmus+ reisten finnische Teilnehmende nach Chemnitz, um die Stadt kennen zu lernen, dort an verschiedenen Kursen der VHS teilzunehmen und sich mit den Menschen vor Ort auszutauschen. Welchen Effekt hatte der Lernaufenthalt auf die Lernenden – und auf die gastgebende Volkshochschule?

Goldgelb bruzzeln die Quarkkeulchen in der heißen Pfanne mit Öl, ein Duft von Zimt liegt in der Luft. Im Kochstudio der Volkshochschule Chemnitz stehen Teilnehmende des Kochkurses „Regionale Küche“ und freuen sich auf die sächsische Süßspeise aus Kartoffeln, Mehl, Quark, Eiern und Rosinen. „Das kennen wir in Finnland so nicht“, sagt einer der Köche, der gemeinsam mit anderen Lernerinnen und Lernern aus Sastamala in der Nähe von Tampere nach Chemnitz gekommen ist. Als eine der ersten Lernendengruppen innerhalb eines Erasmus+-Austausches konnten die finnischen Teilnehmenden nach Chemnitz reisen, um dort die Stadt kennenzulernen, an verschiedenen VHS-Kursen teilzunehmen und sich mit Chemnitzerinnen und Chemnitzern auszutauschen.

Klein angefangen

Neu ist für die VHS Chemnitz der Austausch von Lernendengruppen nicht, aber der von freiberuflichen Lehrkräften und festangestelltem VHS-Personal. „Schon seit 2014 führen wir Erasmus+-Projekte durch“, sagt Manuela Dörrer, Fachbereichsleiterin Fremdsprachen an der VHS und zugleich Erasmus+-Koordinatorin: zunächst mit freiberuflichen Kursleitenden, dann mit festangestellten Lehrkräften und Fachbereichsleitungen, später mit Beschäftigten aus dem Service und der Verwaltung. „Solch ein weiterbildender Austausch ist ein zusätzlicher Benefit, der uns als VHS attraktiver macht“, so Dörrer.

Auf diese Weise konnte über die Jahre ein Austausch mit Erwachsenenbildungseinrichtungen aus vierzehn verschiedenen Ländern stattfinden. Neben den unmittelbar bereichernden Lerneffekten wie Erfahrungszuwachs und Know-How-Erweiterung für alle VHS-internen Beteiligten hat der Erasmus+-Austausch noch einen ganz anderen Mehrwert gebracht.

Im Kochstudio 

Profil- und imagebildend auch nach außen

Die VHS Chemnitz ist eine kommunale Volkshochschule. „Mit unseren Aktivitäten erweitern wir das Portfolio der Stadtverwaltung Chemnitz um ein weiteres europäisches Förderprogramm“, sagt Manuela Dörrer. Zudem flankieren die Austauschmöglichkeiten in Erasmus+ die europäischen Städtepartnerschaften von Chemnitz. Als Zielorte werden bewusst Chemnitzer Partnerstädte ausgewählt, wie zum Beispiel Tampere in Finnland. Der Aufbau der Kontakte mit der dortigen Volkshochschule und der Fachaustausch in beiden Richtungen tragen aktiv zur Belebung der Städtepartnerschaft bei.

Ein positives „Standing“ in der Erwachsenenbildung in Sachsen haben die Erasmus+-Projekte ebenfalls bewirkt. „Aufgrund des Projekts über Erasmus+ wurden wir vom Sächsischen Volkshochschulverband angefragt, den Besuch einer litauischen Delegation aktiv mitzugestalten“, sagt Dörrer. So konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der VHS​​​​​​​ Chemnitz vor Ort Einblick in ihre Einrichtung geben und einen Fachaustausch mit verschiedenen Funktionsbereichen ermöglichen. Thematisch standen dabei die Themen Nachhaltigkeit, Inklusion und die Organisation des Bildungssystems im Ländervergleich im Fokus.

Stadtrundgang

Stadt Chemnitz rückt ins Blickfeld internationaler Gäste

Bei den Besuchen aus dem finnischen Sastamala kamen neben Kursleitenden und pädagogischem Personal auch Kursteilnehmende nach Chemnitz. „Zusätzlich zum Austausch auf Arbeitsebene konnten unsere eigenen Kursteilnehmenden mit den europäischen Gästen innerhalb von gemeinsamen Kursen und Treffen in Kontakt treten“, so Dörrer. Dass Menschen miteinander ins Gespräch kommen, stelle eine wertvolle Besonderheit des EU-Förderprogramms dar, ergänzt sie.  

„Man lernt immer viel voneinander.“

Wenn man sich mit europäischen Partnereinrichtungen treffe, suche man zunächst nach Gemeinsamkeiten und Schnittmengen, erzählt Manuela Dörrer weiter. Und man stelle dann häufig fest, wie viele es davon gibt, etwa im Hinblick auf das Selbstverständnis und die Aufgabe als Erwachsenenbildnerinnen und -bildner.

„Von unserer finnischen Partner-VHS konnten wir zudem noch viel über die Organisation von Lernenden-Reisen lernen, die wir ab Herbst 2025 selbst anbieten möchten. Zum Beispiel, dass die Gruppe besser zusammenwächst und die Neugier auf die Reise steigt, wenn sich die Teilnehmenden schon vorher in einem Vorbereitungskurs kennenlernen“, so Dörrer.

Daneben sind es auch pädagogische Ideen, die zu neuen Herangehensweisen inspirieren. Die ländliche VHS Sastamala beispielsweise veranstaltet Yoga - und andere Bewegungskurse schon länger hybrid. Auf diese Weise lassen sich zusätzliche Kursteilnehmende erreichen und auch räumlich weiter entfernt wohnende Teilnehmende können mitmachen“, so Dörrer. Ein anderes Beispiel ist die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und digitalen Werkzeugen für die Unterrichtsvorbereitung und -durchführung. „Wir haben interessiert aufgenommen, wie sich der Fremdsprachenunterricht mit solchen Tools spielerischer und lebendiger gestalten lässt. Zugleich können Teilnehmende damit ihren eigenen Lernstand schnell eigenständig überprüfen. Die neuen Werkzeuge setzen Pädagoginnen und Pädagogen der VHS Chemnitz jetzt im Unterricht ein.

Auch ein Vergleich mit anderen europäischen Erwachsenenbilderinnen und -bildnern ist möglich

„Wir sind schon länger international ausgerichtet“, sagt Fachbereichsleiterin Manuela Dörrer. Erasmus+ habe besonders die professionelle Ebene erweitert und neben Good-Practice-Beispielen und einem europaweiten Netzwerk auch die Möglichkeit gebracht, sich im internationalen Austausch zu vergleichen. Dörrer hat dabei festgestellt: „Für uns ist es gut, wenn wir im Austausch mit anderen Partnereinrichtungen schauen können, wo wir stehen. Dies stellt eine positive Gelegenheit dar, die eigene Arbeit zu spiegeln“. Erasmus+ ist deshalb in der VHS Chemnitz nicht mehr wegzudenken.